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09.09.23 –
Ende Juli hat die schwarz-rote Koalition den mit Spannung erwarteten Gesetzentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens Klimaschutz, Resilienz und Transformation beschlossen. Seitdem werden verfassungsrechtliche Fragen sowie die Maßnahmen, die aus dem Sondervermögen finanziert werden könnten, intensiv diskutiert. In meiner Rede habe ich deutlich gemacht, dass Klimaschutz die zentrale politische Aufgabe unserer Zeit ist und wir daher ein Klima-Sondervermögen für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen begrüßen. Damit das Klima-Sondervermögen effektiv zum Klimaschutz beiträgt, braucht es eine enge parlamentarische Begleitung und Kontrolle sowie transparente Entscheidungsverfahren. Die daraus finanzierten Maßnahmen müssen wissenschaftlich fundiert ausgewählt und neben dem Senat auch die Bezirke sowie Vertreter*innen aus der Wissenschaft und der Praxis in die Auswahl einbezogen werden.
Meine Plenarrede:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen!
Starkregen und Überschwemmung, Dürren und täglich neue Hitzerekorde – das ist der aktuelle und bedrückende Zustand unseres Planeten.
Der menschengemachte Klimawandel führt zu immer mehr Ernteausfällen, im Sommer trocknen Flüsse und Seen aus, und Millionen Menschen werden durch Hochwasser, Waldbrände oder Wüstenbildung aus ihrer Heimat vertrieben.
Klimawissenschaftlerinnen warnen seit Jahren vor den planetaren Grenzen und klimatischen Kipppunkten. Umweltorganisationen, Klimaaktivistinnen und Wirtschaftsverbände drängen auf mehr und schnelleren Klimaschutz:
global, national, aber auch lokal.
[Beifall bei den GRÜNEN]
In Deutschland gehören Berlin und Brandenburg zu den wärmsten und trockensten Klimaregionen. Auch unsere Flüsse, von der Spree bis zur Panke, führen von Jahr zu Jahr weniger Wasser. Dicht besiedelte und stark versiegelte Stadtteile vom Reuterkiez bis zum Märkischen Viertel heizen sich im Sommer immer stärker auf. Für Kinder, Schwangere und ältere Menschen stellen die zunehmende Hitze und Trockenheit ein wachsendes Gesundheitsrisiko dar.
Klimaschutz, Klimaanpassung und eine umfassende sozialökologische Transformation sind die zentralen politischen Aufgaben unserer Zeit, um die Lebensgrundlage dieses Planeten über unsere Generation hinaus zu sichern. Daher hat das Abgeordnetenhaus die Klimanotlage erklärt und beschlossen, dass Berlin bis spätestens 2045 klimaneutral werden soll, und wir alle wissen, dass Berlin dieses Ziel schon deutlich früher erreichen muss, um seinen Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zu leisten.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Tobias Schulze (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]
Es waren deshalb Grüne Klimasenatorinnen, die die Ziele des Klimaschutz- und Energiewendegesetzes verschärft, das Berliner 29- und 9-Euro-Ticket eingeführt und das Berliner Mobilitätsgesetz erarbeitet haben. Wir freuen uns, dass im Jahr 2023 nun auch SPD und CDU endlich verstanden haben, dass Klimaschutz essenziell und kein Nice-to-have ist.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Tobias Schulze (LINKE)]
Klimaneutral wohnen, klimaneutral mobil sein, klimaneutral wirtschaften – die Investitionsbedarfe in den kommenden Jahren sind enorm. Die dafür notwendige Investition wird das Land Berlin nicht alleine aus den laufenden Einnahmen stemmen können. Daher ist es richtig, Kredite für mehr Klimaschutz aufzunehmen.
Auch Bündnis 90/Die Grünen haben bereits Anfang des Jahres Vorschläge für eine kreditfinanzierte Investitionsoffensive für die Berliner Wärmewende im Umfang von 2 Milliarden Euro vorgelegt.
[Torsten Schneider (SPD): Aha! Ganz neu!]
Im Mittelpunkt stand eine sozialökologische Sanierungsoffensive bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen. Die energetische Sanierung dieser Gebäudebestände sollte auch im Klimasondervermögen Berücksichtigung finden, denn sie reduziert nicht nur die CO2-Emissionen, sondern entlastet auch direkt Mieterinnen und Mieter gezielt von steigenden Heiz- und Energiekosten.
Meine Fraktion unterstützt jede Investition in wirksamen und sozialverträglichen Klimaschutz und mehr Klimaanpassung. Daher begrüßen wir den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens Klimaschutz, Resilienz und Transformation, um für die Zukunftsaufgabe Klimaschutz zusätzliche Mittel in Milliardenhöhe bereitstellen zu können.
Doch werfen wir einen gemeinsamen Blick in den vorliegenden Gesetzesentwurf, der noch eine Reihe von Fragen offenlässt. Wir begrüßen, dass der Senat ein Rechtsgutachten beauftragt hat, um die Ausgestaltung der einzelnen Bereiche des Errichtungsgesetzes, insbesondere mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Fragen zur Schuldenbremse, bewerten zu lassen.
Dieses Gutachten hatte ich ehrlicherweise bereits vor dem Senatsbeschluss erwartet und bin verwundert, dass es erst Anfang August beauftragt wurde, denn das Ergebnis eines solchen Gutachtens wäre es wert gewesen, in die Senatsbeschlussfassung einzufließen. Das Abgeordnetenhaus wird diese Arbeit aber gerne nachholen und die Ergebnisse des Gutachtens berücksichtigen, um die nötige Rechtssicherheit für das Klimasondervermögen zu gewährleisten.
Wir unterstützen explizit, dass der Gesetzesentwurf vorschreibt, dass aus dem Sondervermögen ausschließlich Maßnahmen zusätzlich zum Kernhaushalt finanziert werden dürfen. Wenn jedoch die Hausleitung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe im gerade diskutierten Haushaltsentwurf Streichungen von Ansätzen in den Titeln explizit mit einer Verlagerung in das Sondervermögen begründet, macht sie damit das Sondervermögen politisch und rechtlich angreifbar. Hier muss die Koalition dringend nachbessern, denn nur durch ein echtes Mehr an Klimaschutz ist unserer Stadt und unserem Planeten geholfen.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]
Nach dem Zweck des Sondervermögens sollen die eingesetzten Mittel für die Erreichung der Klimaschutzziele und einer Erhöhung der Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels eingesetzt werden. Wir halten die Entscheidung zur Auswahl der Maßnahmen auf Basis einer evidenzbasierten und einheitlich anwendbaren Methodik zur Messung der Emissionseinsparung für den richtigen Ansatz. Wir erwarten, dass diese Methodik in einem transparenten Verfahren unter Beteiligung wissen-
schaftlicher Expertise, beispielsweise durch den Berliner Klimaschutzrat, erarbeitet und anschließend dem Hauptausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Die Messung der Emissionen sollte außerdem nicht nur für die Maßnahmen des Sondervermögens Anwendung finden, zukünftig wollen wir, dass alle Investitionsentscheidungen des Landes Berlin auf Grundlage dieser Methodik auf ihre Klimawirkung bewertet werden. Damit kann der unter Senator Wesener begonnene Weg hin zu einem echten Klimahaushalt sinnvoll fortgesetzt werden.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]
In die Vorauswahl und Bewertung der aus dem Sondervermögen zu finanzierenden Maßnahmen müssen neben den Senatsverwaltungen und Bezirken auch Vertreterinnen aus Wissenschaft und der Praxis eingebunden werden. Dies muss sich in der Zusammensetzung des geplanten Lenkungsausschusses zum Sondervermögen widerspiegeln.
Für meine Fraktion ist in der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes natürlich zentral, dass eine enge parlamentarische Begleitung und Kontrolle für das Sondervermögen gesichert ist. Als Haushaltsgesetzgeber haben wir das Recht und die Pflicht, über alle finanziellen Entscheidungen des Senats rechtzeitig informiert und einbezogen zu werden. Das gilt insbesondere auch für ein Sondervermögen in diesem Umfang.
Für uns ist klar: Das Land Berlin muss in den eigenen Zuständigkeiten eine Vorreiterrolle einnehmen. Deshalb wollen wir, dass landeseigene Investitionen in Gebäude, Fuhrparks – die landeseigenen Unternehmen hat der Kollege Heinemann gerade angesprochen –, im Sondervermögen und bei der Auswahl der Maßnahmen einen klaren Schwerpunkt gegenüber reinen Förderprogrammen bilden. Dabei dürfen bei Sanierungen im Gebäudebestand nur jene Anteile der Kosten aus dem Sondervermögen finanziert werden, die auch tatsächlich in Klimaschutzmaßnahmen und in energetische Sanierung fließen. Zusätzliche Anforderungen an fachliche Standards sowie grundsätzliche Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarfe müssen auch weiterhin aus dem Kernhaushalt finanziert werden, denn wo Klimaschutz draufsteht, muss auch Klimaschutz drin sein.
[Beifall bei den GRÜNEN]
Die größte Herausforderung dieses Sondervermögens besteht genau bei diesen Hausaufgaben des Landes Berlin und der Umsetzung neuer Klimaschutzmaßnahmen, denn neben den finanziellen Mitteln bedarf es dafür zusätzlicher Kapazitäten bei Planung, Bau oder Beschaffung sowie der nötigen Expertise für die Anwendung neuester Klimaschutztechnologien.
Ich freue mich auf die konstruktiven Debatten im Hauptausschuss zu diesem Gesetzentwurf. Wir haben da bereits eine Anhörung vereinbart. Im Austausch mit den demokratischen Fraktionen wird sich auch meine Fraktion für ein rechtssicheres Klimasondervermögen einsetzen, das Berlin in die Lage versetzt, seine Klimaziele deutlich schneller zu erreichen und sich auf die Folgen des Klimawandels besser vorzubereiten.
[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Hättest du mal vor einem
halben Jahr eine solche Rede gehalten! – Anne Helm (LINKE): Dann wäre alles ganz
anders gekommen!]
Die aufgezeichnete Rede findet ihr hier.