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20.11.22 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die CDU-Fraktion stellt mit diesem Gesetzesentwurf durchaus die richtigen Fragen –
aber wie so oft geben Sie die falschen Antworten.
[Heiterkeit bei den GRÜNEN und der FDP]
Statt eines sozial ausgewogenen, schlanken und passenden Gesetzes, das eine substanzielle
Verbesserung für die Menschen bringt, liefern Sie hier einen unausgegorenen Gesetzesentwurf ab.
Dieser verteilt die Steueranteile zulasten von Mieterinnen und Mietern, sieht ein bürokratisches
Erlassmodell vor und belastet den Landeshaushalt mittelfristig.
[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): So ist es!]
Aber lassen Sie mich die Punkte einzeln durchgehen: Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der
Grundsteuermessbetrag anhand fester Werte bis zu 750 000 Euro stufenweise reduziert wird.
Dieses Modell läuft grundsätzlich dem Ziel einer einheitlichen Bemessungsgrundlage zuwider.
Mit der Regelung werden einseitig kleinere und mittlere Immobilienwerte begünstigst, ohne dass
sich darin zwingend finanzielle Leistungsfähigkeit und soziale Ausgewogenheit widerspiegeln.
Sie schaffen neue Ungerechtigkeiten, indem Eigentümerinnen und Eigentümer von
Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern von diesen Regelungen zulasten von Mieterinnen und
Mietern in Mehrfamilienhäusern profitieren werden.
[Torsten Schneider (SPD): So ist es!]
Sie haben es uns ja selber vorgerechnet: Mit der Eigentumswohnung für 300 000 Euro kriege ich bei Ihnen
40 Prozent Grundsteuererlass. Wohne ich aber in einem Mehrfamilienhaus mit 2,5 Millionen Euro Wert – viele
Mehrfamilienhäuser sind sogar noch mehr wert –, bin ich nur noch im einstelligen Bereich.
[Zuruf von Harald Laatsch (AfD)]
Ihr angeblich sozialer Ansatz entpuppt sich bei genauer Betrachtung mal wieder als kostspielige Interessenpolitik.
[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]
Vizepräsidentin Dr. Bahar Haghanipour: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
André Schulze (GRÜNE): Nein, danke!
Vizepräsidentin Dr. Bahar Haghanipour: Keine Zwischenfragen.
André Schulze (GRÜNE):
Darüber hinaus legen Sie Rechnungen und Werte vor, ohne dass dafür bisher eine solide Datengrundlage
überhaupt existiert, denn sinnvolle Aussagen über konkrete Schwellenwerte sind erst mit dem Abschluss
der Erhebung und einer Aufbereitung der Steuerdaten möglich.
Liebe CDU-Fraktion, hätten Sie sich doch wenigstens um diese belastbaren Zahlen für Ihre Argumentation bemüht. Aber nein, stattdessen – Steuerung+C, Steuerung+V – übernehmen Sie hier in diesem Gesetzentwurf ungeprüft die Abschlagsforderungen vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer, mit dem Sie gemeinsam seit Monaten eine Grundsteuerkampagne führen. Ich kann nur hoffen, dass Sie wenigstens Ihre Gesetzentwürfe noch selbst schreiben.
Punkt zwei: Mit diesem Gesetzentwurf stellt die CDU völlig anlasslos die politisch zugesagte Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform infrage, die sowohl von dieser Koalition als auch vom Senat stets vertreten wurde.
Und auch heute sage ich Ihnen: Wir werden zu unserem Versprechen stehen und den Hebesatz für das Jahr 2025
entsprechend aufkommensneutral festlegen. Hingegen ist eine Regelung, die das Grundsteuervolumen dauerhaft
in der Höhe des Jahres 2024 festschreibt, wenig sinnvoll. Die Tendenz der letzten Jahre zeigt ein insgesamt steigendes Volumen der Grundsteuer bei einem seit 2007 unveränderten Hebesatz, da insgesamt mehr Grundstückswerte besteuert wurden. So stieg das Volumen von 2014 bis 2020 für die Grundsteuer B um gut 50 Millionen Euro an.
Eine dauerhafte gesetzliche Festschreibung des absoluten Grundsteuervolumens von 2024 würde daher de facto
mit einer laufenden Senkung des Hebesatzes einhergehen. Diese Belastung des Landeshaushalts halten wir sowohl haushalterisch als auch inhaltlich für falsch.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Christian Gräff (CDU): Belastung?]
Zuletzt zum Teilerlass: Die Regelungen in § 4 bleibt weitestgehend vage. Es ist die Rede von besonderen
Härtefällen und in der Begründung von einem Missverhältnis zwischen der Inanspruchnahme der kommunalen
Infrastruktur und der Kostenanlastung gegenüber dem Grundstückseigentümer. Dabei bleibt die Operationalisierung völlig unklar. Mit einer so vagen Regelung droht ein Bürokratiemonster, ohne die gewünschten sozialen Wirkungen zu erreichen. Diese Koalition hat sich im Koalitionsvertrag zur Vermeidung sozialer Härten bei der Grundsteuerreform bekannt. Wir werden auch einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, sobald die Datengrundlagen vorhanden sind, aber gut gemeint ist hier noch nicht gut gemacht.
Dieser Gesetzentwurf reiht sich leider in eine monatelange Grundsteuerkampagne der CDU ein und verfolgt nur
ein Ziel: den Menschen Angst vor der Umsetzung der Grundsteuerreform zu machen.
[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]
Lassen Sie dieses Wahlkampfgetöse! Hören Sie auf, diese notwendige Reform zu verzögern und zu diskreditieren!
Die politisch zugesagte Aufkommensneutralität bei der Umsetzung der Grundsteuerreform in Berlin anlasslos infrage zu stellen – geschenkt, das ist klassischer CDU-Populismus. Dass Sie aber hier und bei anderen Veranstaltungen mit unseriösen Zahlen hantieren, um Ängste zu schüren, das, liebe CDU, nehme ich Ihnen übel.
Ihre fiktiven Rechenbeispiele anhand von Sonderfällen sind keine seriöse Grundlage für verantwortungsvolles
politisches Handeln.
[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]
Liebe CDU-Fraktion, hören Sie auf, die Menschen in dieser Stadt in Lichtenberg und Grunewald gegeneinander auszuspielen, und kehren Sie hier wieder zur Sacharbeit zurück!
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]
Die aufgezeichnete Rede findest Du hier.
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