Rede zur 1. Lesung des Haushalts 2022/2023

Im Parlament wurde in erster Lesung über den Senatsentwurf für den Doppelhaushalt 2022/2023 debattiert. Ich hebe die guten Ansätze für die sozial-ökologische Transformation Berlins hervor.

24.03.22 –

Im Parlament wurde in erster Lesung über den Senatsentwurf für den Doppelhaushalt 2022/2023 debattiert. Ich hebe die guten Ansätze für die sozial-ökologische Transformation Berlins hervor. Die aufgezeichnete Rede findest du hier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Senator Wesener! Die heute beginnende Beratung des Doppelhaushalts 2022/2023 findet vor dem Hintergrund des Angriffskrieges auf die Ukraine und der damit verbundenen Fluchtbewegung statt, deren sozialen, wirtschaftlichen und finanzpolitischen Folgen wir heute in diesem Haus noch gar nicht abschätzen können. Unsere Beratung wird aber sicherlich die Frage begleiten, wie die Auswirkungen auf alle Senatsverwaltungen und ihre Arbeit etatisiert werden können, obwohl sie uns auch im Juni noch nicht unbedingt bekannt sind. Denn die Aufgaben, vor denen Berlin steht, sind zweifelsohne gewaltig: Die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ist dabei eine gesamtstaatliche Aufgabe, und genau so muss der Bund sie auch behandeln.

[Beifall von Anne Helm (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]


Daher ist die klare Erwartung Berlins, dass als Ergebnis der Arbeitsgruppe eine finanzielle Regelung zur Übernahme der Fluchtkosten erfolgt. Berlin will und Berlin kann aufnehmen, das hat unsere Stadt in den letzten Wochen gezeigt, aber der Bund steht an dieser Stelle in der Verantwortung, und so muss er endlich auch agieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]


Und noch eine Bemerkung zum Bund, insbesondere zum Finanzminister: Es wurde eine ganze Reihe von Entlastungspaketen in Aussicht gestellt, nicht zuletzt heute. Wir begrüßen eine finanzielle Entlastung und Unterstützungfür jene Haushalte, die existenziell von Inflation und steigenden Energiepreisen betroffen sind. Aber weder ist es sinnvoll, mit solchen Maßnahmen die Profite der Mineralölkonzerne zu subventionieren, noch dürfen diese Maßnahmen zulasten der Haushalte von Ländern und Gemeinden gehen, ohne dass es hier entsprechende Kompensationen gibt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN –Torsten Schneider (SPD): Bravo!]


Der letzte Doppelhaushalt der Jahre 2020 und 2021 war geprägt von der Coronapandemie, ihren Auswirkungen auf Berlin und der damit verbundenen haushälterischen Notlage.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Doch auch jetzt ist die Pandemie noch nicht überstanden und wird diesen neuen Haushalt mit prägen. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Linie des Senats, mit seinem Entwurf Vorsorge zu treffen und mehr als 1 Milliarde Euro für coronabedingte Mehrausgaben bereitzustellen. Die Ausgaben für den Weiterbetrieb der Impfzentren oder für Tests und Filter an Schulen sind ebenso richtig wie die Unterstützung der landeseigenen Unternehmen zur Kompensation von Mindereinnahmen. Ob Coronapandemie oder Ukrainekrieg: Es muss klar sein, dass die notwendigen Maßnahmen zur Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen für Berlin nicht am Geld scheitern dürfen. Egal ob Unterbringung und Unterstützung von Geflüchteten, der Mehrbedarf von Kindern und Jugendlichen durch Corona oder Soforthilfen und „Neustart Kultur“ – diese akuten Herausforderungen wird Berlin nur gemeinsam lösen, und die Koalition wird die dafür benötigten Mittel zur Verfügung stellen. Neben der kurzfristigen Krisenbewältigung geht es auch um die dauerhafte Stärkung der Krisenresilienz unserer sozialen Infrastruktur und öffentlichen Daseinsvorsorge in Berlin. Unser Gesundheitssystem müssen wir dahingehend weiterentwickeln. Das Land Berlin ist mit Charité und Vivantes für die zentralen Säulen der stationären Versorgung verantwortlich. Mit der Stärkung der Kooperation beider Akteure und der verbesserten Abstimmung ihrer Investitionen stärken wir diese Säulen. Auch die begonnene Neuaufstellung und Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes muss gemeinsam mit den Bezirken fortgesetzt werden. Für eine krisenresiliente Stadt braucht es aber auch starke Strukturen in den Kiezen. Durch die Schaffung eines Landesprogramms für integrierte Gesundheitszentren verbessern wir die Versorgung vor Ort und verzahnen sie mit der sozialräumlichen Arbeit. Der Ausbau von Stadtteilzentren, aber auch die Weiterfinanzierung der lokalen Strukturen für Engagement und Bürgerbeteiligung stärken diese als Orte des nachbarschaftlichen Austausches, die essenziell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Berlin sind. Essenziell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt bleibt aber weiterhin auch der Kampf für bezahlbaren Wohnraum. Daher werden wir beim Mieterinnenschutz und bei der Stärkung des gemeinwohlorientierten Wohnungssektors weiter einen Fokus legen und bei den Ansätzen zu Genossenschafts- und Wohnungsbauförderung genau hinschauen. Um die Resilienz Berlins zu erhöhen, müssen wir aber auch die Finanzen nachhaltig aufstellen; darauf hat der Senator bereits hingewiesen. Mit diesem Haushalt werden die Investitionen bei jährlich jeweils deutlich über 3 Milliarden Euro liegen. Mit der dauerhaften Festschreibung der Investitionsquote bei mindestens 8 Prozent des Kernhaushalts und der Stärkung der Investitionsfähigkeit der landeseigenen Unternehmen sorgt diese Koalition dafür, dass Berlin auch zukünftig in die öffentliche Infrastruktur investieren und den Abbau des Sanierungsstaus fortsetzen kann.


[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD –Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]


Die im Haushaltsentwurf vorgesehene vorzeitige Tilgung der Notfallkredite ist gleichzeitig ein richtiges Zeichen der Haushaltskonsolidierung. Verbunden mit einem stetigen Aufwuchs bei den konsumtiven Sachausgaben und der Fokussierung des Personalaufbaus auf zentrale Aufgabenbereiche ist mit diesem Haushaltsentwurf ein nachhaltiger Finanzpfad für Berlin angelegt. Bei allen sehr aktuellen Aufgaben dürfen wir gleichzeitig den Kampf gegen die Klimakrise als die größte und zentrale globale Herausforderung unserer Zeit nicht aus dem Blick verlieren. Dieser Kampf lässt sich nicht aufschieben. Deshalb braucht es auch in diesem Haushalt einen klaren Schwerpunkt auf Klimaschutz und Verkehrswende, um die begonnene sozial-ökologische Transformation Berlins fortzusetzen. Jeder Euro, den wir in Klimaschutz, in Unabhängigkeit von Öl und Gas, Klimaanpassung oder Grünanlagen und Wälder stecken, ist ein gut angelegter Euro, denn es ist Geld, das unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützt und die Freiheit zukünftiger Generationen sichert.

[Beifall bei den GRÜNEN –Beifall von Anne Helm (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]


Für uns hat dabei die praktische Umsetzung der Vorhaben und Projekte im Haushalt höchste Priorität. Das gilt für die veranschlagte Fortführung des Berliner Energie und Klimaschutzprogramms, die Stärkung des Stadtgrüns oder die Förderung der Solarenergie. Aber auch unsere landeseigenen Unternehmen wie BVG, BSR oder die Wasserbetriebe müssen die Herausforderungen des Klimawandels weiter konsequent angehen, damit Berlin seine Klimaziele erreichen kann. Mit der Einrichtung des Klimabürger*innenrats durch den Senat werden die Berliner*innen zukünftig auch direkt in die Klimaschutzpolitik mit einbezogen.

[Stefan Förster (FDP): Das kann ja was werden!]


Die Verkehrswende denken wir von der kleinen Maßnahme im Kiez bis zum großen gesamtstädtischen Konzept. Mit der Transformation unserer Kieze zu Kiezblocks befreien wir sie vom Durchgangsverkehr,


[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]


erhöhen die Verkehrssicherheit, begrünen bisherige Straßenflächen und schaffen neue Orte der Begegnung.

[Beifall bei den GRÜNEN –Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) und Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Hierfür ist die Unterstützung der Bezirke durch spezifische Modellprojekte, Planungsmittel, aber auch bei der konkreten Umsetzung der Maßnahmen wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Verkehrswende. Allein für Ausbau und Verbesserung der Radinfrastruktur stehen in den kommenden Jahren mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung für geschützte Radwege an Hauptstraßen, Fahrradparkhäuser, aber auch Radschnellwege in den Bezirken. Mit der Absicherung des Nahverkehrsplans und zusätzlichen Planungsmitteln für den Ausbau des Schienennetzes bei Tram, U-, S- und Regionalbahnen wird das Berliner Netz zukunftsfähig gemacht.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]


Insgesamt wird Berlin in den kommenden Jahren so für den Betrieb und Ausbau des öffentlichen Personennah verkehrs jährlich mehr als 1,2 Milliarden Euro bereitstellen. So geht Verkehrswende für die ganze Stadt!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Stefan Förster (FDP): Kommt denn die U-Bahn?]


Abschließend möchte ich dem Senat und vor allem den Mitarbeiterinnen der Verwaltung für diese in kürzester Zeit erfolgte Ausarbeitung des Haushaltsentwurfes danken. Die genannten Ansätze im Haushaltsplan begrüßt meine Fraktion ausdrücklich, und wir werden sicherlich in den kommenden Beratungen einen Schwerpunkt darauf setzen, diese an geeigneter Stelle zu stärken und die Bezirke bei der Umsetzung dieser Projekte zu unterstützen. In den kommenden Wochen werden wir den Entwurf kritisch diskutieren und dort, wo es nötig ist, nachsteuern, damit die sozial-ökologische Transformation Berlins auch finanziell unterlegt ist. Ich wünsche uns allen in diesem Sinne viel Vergnügen und ein glückliches Händchen bei den anstehenden Ausschussberatungen!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

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Haushalt | Reden im Parlament