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06.02.23 –
Seit über 10 Jahren dauert die Serie an rechtsextremen Straftaten in Neukölln an. Zwar ist der mutmaßliche Täterkreis seit Jahren bekannt und wird öffentlich diskutiert, aber dennoch wurden bisher kaum Ermittlungserfolge erzielt. Daher war es sehr eichtig, dass im Mai 2022 endlich ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) zum Thema eingesetzt wurde. Ziel des Ausschusses ist es u.a. die bisher geleistete Ermittlungsarbeit und -strukturen zu beleuchten und Schwachstellen und Versäumnisse dieser Ermittlungen zu identifizieren.
Für uns Grüne war es zudem besonders wichtig, dass darüber hinaus weitere Themenbereiche im PUA mit aufgenommen werden. Die Analyse bestehender und vergangener Netzwerke der Neuköllner Rechten mit Gruppierungen und Personen in Berlin sowie aus dem gesamten Bundesgebiet z.B. halten wir für essenziell. Auch die Einbindung der Erfahrungen und Expertise von Betroffenen und Sachverständigen bzgl. Taten und Ermittlungen empfinden wir als einen wichtigen Aspekt für einen Einstieg des PUAs ins Thema.
Deshalb haben wir im ersten Block der Sitzungen des Untersuchungsausschuss dann auch genutzt um die Expertise und Perspektive und Expertise von Betroffenen der Straftaten und Sachverständigen einzuholen. Dazu haben wir acht Betroffenen sowie Sachverständigen der Mobilen Beratung gegen Rechts Berlin (MBR), der Registerstelle Berlin und der Opferberatungsstelle ReachOut angehört und befragt. Schnell wurde deutlich, dass wesentliche Aspekte der Ermittlungsarbeiten von Betroffenen und Sachverständigen gleichermaßen kritisiert und immer wieder hervorgehoben wurden.
Gerade zu Beginn der Straftatenserie wurde immer wieder von Bagatellisierung durch die Polizei berichtet. Der rechtsextreme Hintergrund der Taten wurde ignoriert, heruntergespielt und nicht in die Ermittlungen einbezogen. Die Ermittler*innen haben die Taten sehr lange als Einzeltaten behandelt, obwohl Expert*innen und Betroffene schon sehr früh auf den Seriencharakter der Taten hingewiesen haben. Dies kritisierten auch die Geladenen in ihren Befragungen scharf.
Daran anschließend zeigte sich auch die Unterschätzung der Netzwerkstrukturen, die dieser Serie zugrunde liegen. Denn bis heute werden in den laufenden Gerichtsverfahren die Täter vor allem stark als Einzeltäter bzw. Kleingruppe in den Blick genommen. Dabei sind die personellen und strukturellen Kontinuitäten rechtsextremer Strukturen seit Beginn der 2000er Jahre in den bisherigen Ermittlungen völlig unterbelichtet. Gerade die Sachverständigen arbeitetem heraus, dass es sich über die letzten zwei Jahrzehnten um einen eng umrissenen Personenzusammenhang von 20-30 Rechtsextremen handelt, die mit ähnlichen Tatmustern Straftaten gegen antifaschistisch Engagierte in ganz Berlin verüben.
Die Kommunikation zwischen Ermittlungsbehörden und Betroffenen wurde von vielen als unzureichend empfunden. Dies wurde durch die regelmäßige Umstrukturierung der Ermittlungsbehörden zudem noch verstärkt, da die Betroffenen zunehmend den Überblick über die Zuständigkeiten verloren. Bzgl der von rechten Gruppierungen veröffentlichten Feindeslisten wurde in mehreren Fällen Versäumnisse genannt, die Betroffenen über die Erwähnung ihrer Namen und Informationen auf den Listen zu informieren. Auch bzgl der Sicherheitsgespräche gab es Kritik.
Diesen und vielen weiteren Hinweisen gilt es nun im weiteren Verlauf des PUA nachzugehen. Dafür ist es allerdings unabdingbar, dass uns endlich die vom Ausschuss vor langer Zeit angeforderten Ermittlungsakten und weitere Unterlagen geliefert werden. Hier gilt es in den kommenden Wochen weiterhin Druck zu machen, um die Dringlichkeit des Anliegens und die Unverhältnismäßigkeit der Verzögerung der Aktenlieferungen hervorzuheben und zu einer schnellen Lösung zu gelangen. Denn nur mit der Freigabe der angeforderten Dokumente ist es uns Ausschussmitgliedern möglich, Ermittlungsstrukturen zu analysieren und hinterfragen und die von den Betroffenen geschilderten Sachverhalte mit der Aktenlage abzugleichen und nachzuhaken.
Die anstehende Wiederwahl hat leider auch für den PUA Konsequenzen und macht eine Neu-Konstituierung notwendig. Mein Kollege Vasili Franco und ich sind als PUA Mitglieder der Grünen Fraktion derzeit mit voller Energie dabei die gerade gelieferten ersten Akten zu sichten, und freuen uns nach der Wahl dann schnell den roten Faden der Ausschussarbeit wieder aufnehmen und dann tiefer in die komplexen Inhalte einzusteigen zu können. Ich bin weiterhin hoch motiviert als Mitglied des PUA zu dieser wichtigen Arbeit beitragen zu können und den Kampf gegen Rechts fortführen zu können.
Im Podcast #Neukölln-Komplex – Das Update berichten mein Kollege Vasili Franco und ich über die Sitzungen und informieren euch über die aktuellen Entwicklungen.
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In Plenum des Berliner Abgeordnetenhauses habe ich mich heute dafür ausgesprochen, die #Schuldenbremse in der jetzigen Form abzuschaffen. Denn sie bremst vor allem eines: notwendige Investitionen in eine funktionierende Stadt und einen gesunden Planeten.https://t.co/KtvIyldD8F
— André Schulze (@andreschulze_nk) October 5, 2023