André Schulze, MdA

Sprecher für Haushalt & Finanzen

Plenarrede zum Rechnungshofbericht 2022

In der Plenarsitzung am 12. Januar 2023 habe ich zum Bericht des Rechnungshofes 2022 gesprochen. Der Bericht würdigt die gute Arbeit der Koalition, Berlin finanzwirtschaftlich gut durch die Corona-Pandemie manövriert zu haben. Jeder 10. Euro im Haushalt fließt in Investitionen! Diese anhaltend hohe Investitionsquote in Infrastruktur und Klimaschutz bei gleichzeitiger Haushaltskonsolidierung erwies sich als erfolgreich. Ich habe betont, dass das auch der Plan für die kommenden Jahre ist. Die kritischen Anmerkungen und Handlungsempfehlungen werden wir uns genau ansehen. Insbesondere die verfehlten Ziele und strukturellen Probleme bei der #Schuldigitalisierung möchte ich genau aufarbeiten. Damit die digitale Spaltung von heute nicht die soziale Spaltung von morgen bedeutet.

13.01.23 –

----

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin Klingen!

Auch ich möchte Ihnen und dem Kollegium des Rechnungshofs zunächst für den Jahresbericht 2022, die vielen Anmerkungen und Empfehlungen und die damit verbundene Arbeit danken.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Die vom Rechnungshof vorgelegte Auswertung der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins in den vergangenen Jahren zeigt, diese Koalition hat Berlin finanzpolitisch erfolgreich durch die Coronakrise manövriert, und bestätigt damit grundsätzlich die vorherigen Berichte des Rechnungshofs. Damit würdigt der Rechnungshof erneut die vielseitigen Bemühungen von Senat und Abgeordnetenhaus, trotz gesundheits-, sozial- und arbeitsmarktpolitischer Herausforderungen, trotz angespannter Haushaltslage und wirtschaftlicher und finanzieller Unwägbarkeiten weiterhin in die Menschen und in die soziale Infrastruktur, in wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Resilienz zu investieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Florian Dörstelmann (SPD)]

Die wirtschaftliche Stabilität Berlins und das gestiegene Bruttoinlandsprodukt nach den Jahren der Coronamaßnahmen gehen auch auf diese politischen Entscheidungen zurück. Der aktuelle Doppelhaushalt war allerdings sehr schnell durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die Folgen für Berlin geprägt. Mit dem Nachtragshaushalt, das wurde hier schon angesprochen, hat die Koalition auch in dieser Krise erneut Handlungsfähigkeit bewiesen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen haben wir für schnelle und zielgenaue finanzielle Entlastungen der Berlinerinnen und Berliner genutzt und dabei weitere Vorsorge für Mieterinnen und Mieter, Unternehmerinnen und Unternehmer und soziale Einrichtungen getroffen.

Nichtsdestotrotz bleibt es eine Herausforderung, die Anstrengungen bis zum Ende der Legislaturperiode fortzusetzen, um einen strukturell ausgeglichenen Haushalt Berlins zu erreichen. Lassen Sie mich noch einen finanzpolitischen Aspekt herausgreifen! Der Rechnungshof lobt ausdrücklich den Senat, zu Recht, wie ich finde, für die konstant hohe Investitionsquote. Jeder zehnte Euro in diesem Doppelhaushalt fließt in Investitionen. Das setzt sich auch in den Folgejahren fort. Damit stärken wir insbesondere die landeseigenen Unternehmen und investieren in Maßnahmen des Hoch- und Tiefbaus, vom Neubau von Schulen über die benötigten Sanierungen von Feuerwachen bis zur Mobilitäts- und Wärmewende. Diesen Weg wollen wir auch weiter fortsetzen, um die ambitionierten Klimaschutzziele Berlins erreichen zu können.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die aufgezeigten Mängel in der Haushalts- und Wirtschaftsführung, zum Beispiel bei der Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln, werden wir im zuständigen Unterausschuss in jedem Fall gründlich beleuchten müssen.
Ein Thema möchte ich an dieser Stelle beispielhaft kurz aufgreifen, da es mir grundsätzlicher Natur zu sein
scheint. Der Kollege Schmidt hat es auch schon angesprochen.

Die digitale Spaltung von heute kann die soziale Spaltung von morgen bedeuten. Dieser Satz findet sich im E-Education-Masterplan Berlin von 2005, ein Kompass für die Digitalisierung von Schulen. Alle Bildungssenatorinnen und -senatoren orientieren sich seither an diesem Dokument. Zwar hat dieser Satz bis heute seine Gültigkeit behalten, aber der Rechnungshof moniert zu Recht, dass wesentliche Ziele der Schuldigitalisierung bis heute nicht erfüllt sind.

Ob lückenhafte Netzinfrastruktur, ungenutzte Endgeräte oder fehlende Software – die Probleme sind vielseitig.
Vielseitig sind auch die im Bericht aufgezählten Probleme mit Blick auf die dahinterliegenden Strukturen: organisatorische Mängel bei der Einrichtung der Stabsstelle in der Bildungsverwaltung, fehlende Zusammenarbeit mit
ITDZ und Digitalisierungsverwaltung, eine unzureichende Umsetzung und Weiterentwicklung von Digitalisierungsstrategien. Dazu gehören auch kurzfristige Entscheidungen statt langfristiger Planungen, die sich in
wiederholten haushaltsrechtlichen Verstößen widerspiegeln, beispielsweise ausbleibende Wirtschaftlichkeitsun-
tersuchungen oder fehlende Planungsunterlagen.

Ohne den Diskussionen im zuständigen Unterausschuss vorgreifen zu wollen, mir scheint, als müssten wir die Planung, Finanzierung und Umsetzung der Schuldigitalisierung vom Kopf auf die Füße stellen. Das Abgeordnetenhaus muss in Zukunft mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen und gegensteuern können, damit die digitale Spaltung von heute nicht die soziale Spaltung von morgen bedeutet.

Sehr geehrte Frau Klingen, vielen Dank nochmals an Sie und die Kolleginnen und Kollegen des Rechnungshofs!
Wir werden Ihre Empfehlungen im Unterausschuss Haushaltskontrolle gründlich studieren, die Konsequenzen für die Berliner Verwaltung diskutieren und dem Abgeordnetenhaus unsere Empfehlungen vorlegen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]
 

Die aufgezeichnete Rede findest Du hier.

 

Kategorie

Haushalt | Reden im Parlament